Bedeutung von Mitarbeitergesprächen

Die Bedeutung von häufigem, präzisem und unvoreingenommenen Feedback durch den Vorgesetzten wird bei Führungspersonal häufig unterschätzt. Mitarbeitergespräche erhalten häufig nicht die Wertigkeit die sie benötigen und werden regelmäßig mit „zwischenrein“ oder „wir können doch auch telefonieren“ abgetan. Laut einer Studie der Management-Plattform „Reflektive“ sind für 85 % der Angestellten in den USA unfaire Mitarbeitergespräche ein Kündigungsgrund. Die Ergebnisse wurden im Juli diesen Jahres veröffentlicht und sind meiner Erfahrung nach auf den deutschen Arbeitsmarkt übertragbar.

Lohnerhöhungen und Boni sind wichtig für die Mitarbeiterbindung – sind aber nur ein Teil der Wahrheit

Für die Mehrheit der Beschäftigten (58%) ist das Gehalt der wichtigste Faktor bei der Wahl eines Arbeitgebers. Der gleiche Anteil sieht Zusatzleistungen und Urlaubstage ganz oben auf den Must-Have-Liste von potentiellen Arbeitgebern. Die beiden folgenden Kriterien – die von mehr als der Hälfte der Befragten gewählt wurden – sind jedoch Wachstumspotenzial und Sinn bei der Arbeit.

Mitarbeiter wollen Bestätigung und Richtung

Ein regelmäßiger und häufiger Austausch ermöglicht es Arbeitgebern, die Ziele und Motivation der Mitarbeiter besser zu verstehen und diese für die Motivation und Produktivität zu nutzen. Vorgesetzten können ihren Mitarbeiter einen Einblick geben, wie sie die Ergebnisse bewerten, wo sie stehen und wo sie weiteres Wachstum sehen.

Die große Mehrheit der Befragten (92%) will öfter Mitarbeitergespräche führen als nur einmal im Jahr. Fast die Hälfte (49%) wünscht sich ein wöchentliches formales Feedback und fast dreiviertel (72%) wollen mindestens einmal im Monat von ihrem Vorgesetzten bewertet werden.

Die Gründe dafür sind:

  • für 64% geben Bewertungen hilfreiches Feedback
  • für 45% bieten Mitarbeitergespräche Gelegenheit für persönlichen Austausch mit dem Vorgesetzten
  • für 41% schaffen sie Klarheit bezüglich weiterer Fördermöglichkeiten

Leistungsbewertungen können eine Win-Win-Situation sein – oder sie können furchtbar schief gehen

Interessant für Führungskräfte dürften die Auswirkungen von unpräzisen und lieblos geführten Mitarbeitergesprächen sein. Mehr als die Hälfte der Befragten (51%) können sich eine „spektakuläre“ Aktion für die Verabschiedung aus dem Job vorstellen. Sie wären bereit dadurch den Arbeitgeber zu schaden.

  • 78% können sich ein Kündigungsvideo in den sozialen Medien vorstellen
  • 18% würden über das Unternehmen, Vorgesetzte oder Kollegen schlecht reden
  • 12 % könnten sich vorstellen Firmengeheimnisse preis zu geben

Regelmäßige und ganzheitlich geführte Mitarbeitergespräche führen zur Zufriedenheit auf beiden Seiten und zu einer realistischen und präzisen Einschätzung der Situation. Dazu ist natürlich ein in Kontakt-Sein mit der Situation und dem Mitarbeiter Seitens der Führungskraft notwendig. Dieses In-Kontakt-Sein sollte daher Teil des Führungskräftetrainings sein.

Schrittweise Einführung von Selbstführung

Anstatt klassischer Mitarbeitergespräche könnten Unternehmen zur schrittweise Selbstführung übergehen. Das bedeutet nicht, dass es keine Strukturen mehr gibt und alles informell und chaotisch abläuft. Es geht nicht darum, dass durch die Abschaffung von Vorgesetzten jeder und jede machen kann, was er oder sie will. Die Mitarbeiter arbeiten in definierten Rollen und es gibt Prozesse, um Entscheidungen zu treffen, mit Konflikten umzugehen usw.. Dazu muss allerdings ein System verteilter Autorität wachsen, wozu alle bestehenden Managementpraktiken und -Strukturen erneuert werden müssen. Das benötigt Zeit, daher empfehle ich mit ehrlichen und authentischen Mitarbeitergesprächen zu beginnen, dann entsteht vieles Weitere fast automatisch.

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