Selbstverantwortung und im Kontakt mit sich selbst

In der aktuellen Episode des Podcasts „Arbeitsphilosophen – Die Zukunft der Arbeit“ diskutiert Frank Eilers mit Frédéric Laloux über die Generierung von Bedürfnissen und das Handeln von globalen Konzernen. Es geht dabei aber nicht um eine Predigt von der Kanzel, sondern um das Appellieren an das Gewissen von jedem einzelnen. In vielen Diskussionen erlebe ich, dass die Abwertung der Meinung oder Einstellung „Der Anderen“ im Vordergrund steht. Der Wille eine gemeinsame Lösung zu erarbeiten fehlt häufig. Um das zu erreichen, ist meiner Meinung nach ein in Kontakt sein mit sich selbst, seinen Werten, Wünschen und Bedürfnissen notwendig. Diese Fähigkeit fehlt aber regelmäßig und Menschen wurde zum Beispiel mit Werbung abtrainiert wie das geht. Das Gesellschaftssystem trägt damit zu seiner eigenen Erhaltung bei und Veränderungen werden dadurch erschwert.

Frédéric Laloux erörtert im Gespräch mit Frank Eilers warum unser bisheriges Wirtschaftssystem in der aktuellen Form nicht weiter existieren kann. Frédéric vermittelt das aber nicht als Moralapostel im Sinne von „Das macht man weil es gut ist“. Ihm geht es vielmehr um das Gewissen von jedem einzelnen.

Achtung Rutschgefahr

Er schlägt vor, dass sich jeder selbst hinterfragt und in seinem Innersten forscht, „habe ich eigentlich Lust da mitzumachen, oder nicht“, „mag ich mich eigentlich selber, bin ich stolz auf mich“. Also nicht mit dem Zeigefinger auf andere zeigen und „die anderen sind böse“ oder „das müssten wir machen“. Er glaubt, dass wir nur etwas verändern, wenn wir uns gegenseitig zum Reflektieren darüber einladen, „woran möchte ich selber teilhaben oder eben nicht teilhaben“.

Meditation als Weg zu sich

Ich finde genau um diese Haltung geht es, nämlich mit sich selbst anfangen, hinterfragen, was ist mir wichtig und dann dazu auch stehen. Um mit uns selbst, unseren Werten, Bedürfnissen und Wünschen in Kontakt zu kommen, hilft die tägliche Meditation. Wenn mehr Menschen mit sich in Kontakt wären, könnte viel aus der eigenen Unsicherheit heraus resultierendes mit dem Zeigefinger auf andere zeigen und die Abwertung von anderen vermieden werden.

Von Innen nach Außen

Wir sitzen alle zusammen im gleichen Boot und nur gemeinsam können wir den Herausforderungen unserer Zeit begegnen. Stephen R. Covey hat schon im Jahr 1989 in seinem Buch „Die 7 Wege“ den Grundsatz zu Glück und Erfolg geprägt, „Von Innen nach Außen„. Wir kommen auf diese Welt als von anderen abhängige Lebewesen, wir streben dann in unserer Pubertät und Jugend Unabhängigkeit an und erkennen im Laufe unseres weiteren Lebens hoffentlich die wechselseitige Abhängigkeit (Interdependence). So funktioniert die Welt. Zu dieser Einsicht sollten wir meiner Meinung nach kommen.

Selbstwahrnehmung

Eine gute Selbstwahrnehmung kann schon in der Jugend vor Depressionen schützen. Zu diesem Ergebnis kam eine neue Studie von der University of Rochester. Dort wurde untersucht, ob die fehlende Fähigkeit unangenehme Emotionen nach stressigen Lebensereignissen differenziert wahrzunehmen und auszudrücken die psychische Gesundheit von Teenagern beeinträchtigt. Dabei wurde herausgefunden, dass es für die psychische Gesundheit unterstützend ist, wenn man in der Lage ist unerfreuliche Emotionen differenziert zu beschreiben – insbesondere wenn es um die Vermeidung von depressiven Symptomen geht.

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„Jugendliche, die ihre negativen Gefühle präzise und nuanciert beschreiben können, wie“ Ich fühle mich verärgert“ oder „Ich fühle mich frustriert“ oder „Ich schäme mich„- anstatt einfach „Ich fühle mich schlecht“ zu sagen – sind besser vor der Entwicklung von depressiven Symptomen geschützt. Dies gilt insbesondere nachdem sie eine Krankheit oder ein stressiges Lebensereignis durchlebt hatten“, sagt die Leitautorin der Studie Lisa Starr, Assistenzprofessorin für Psychologie.

Jugendliche die negative Emotionen sprachlich weniger differenzieren können, beschreiben diese mit größerer Wahrscheinlichkeit mit weniger spezifischen Begriffen wie „schlecht“ oder „verärgert“. Solche Teenager können weniger gut aus ihren Erfahrungen lernen und auch weniger gute Strategien für den Umgang mit negativen Emotionen und belastenden Erlebnissen entwickeln.

Emotionen vermitteln uns eine Menge an Aspekten über uns selbst

„Emotionen vermitteln uns eine Menge an Aspekten über uns selbst“, sagt Star. Sie vermitteln Informationen über die Stimmung, den Grad der Erregung, die Bedeutung einer Situation und eine Einschätzung der Bedrohlichkeit für eine Person. Menschen müssen alle diese Informationen integrieren, um herauszufinden – „fühle ich mich gereizt“ oder „fühle ich mich wütend, verlegen oder welche andere Emotion ist präsent?

Während der Studie stellten Starr und ihr Team fest, dass eine geringe Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung die Korrelation zwischen Depression und stressigen Ereignissen im Leben verstärken kann.

Für die Untersuchung unterzog Starr und ihr Team 233 Jugendliche diagnostischen Interviews. Sie waren durchschnittlich 16 Jahre alt und etwas mehr als die Hälfte davon weiblich. Danach berichteten die Teilnehmer dann viermal täglich eine Woche lang über ihre Gefühle.

Fähigkeit auch unangenehme Gefühle anzunehmen benötigt

Das Forschungsteam hat dann nach anderthalb Jahre erneut Interviews mit 193 Teilnehmern geführt. Dabei stellten sie fest, dass Jugendliche, die Schwierigkeiten hatten negative Emotionen zu differenzieren, nach einem stressigen Lebensereignis eher mit Depressionssymptomen zu kämpfen hatten. Aber diejenigen die dazu besser in der Lage waren, konnten die Wahrscheinlichkeit einer Depressionsdiagnose verringern. Laut Starr beginnt die Veränderung der Art und Weise, wie man sich fühlt, mit der Fähigkeit, diese Gefühle anzuerkennen.

„Grundsätzlich muss man wissen, wie man sich fühlt, um verändern zu können, wie man sich fühlt“, sagt Starr. „Ich glaube, dass unsere Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung und zur Differenzierung der Gefühle erlernbar ist.“ „Unsere Daten deuten darauf hin, dass sich Menschen, wenn Sie in der Lage sind, Gefühle differenziert zu beschreiben, vor stressigen Erfahrungen und dem negativen Effekten von Stress schützen können“, fügt sie hinzu.

Ein kürzlich durchgeführtes Experiment mit mehr als 1000 Versuchspersonen, zeigt, dass eine schwache Selbstwahrnehmung auch bei Erwachsenen ein Hinweis auf psychische Probleme sein kann. Die Entwicklung von psychischem und körperlichen Wohlbefinden ist beeinträchtigt, wenn das subjektive Stresserleben nicht mit den objektiven Stressindikatoren übereinstimmt.

Achtsamkeit zum Training der Selbstwahrnehmung

Mit dem Training von Achtsamkeit, zum Beispiel durch die Teilnahme an einem MBSR (mindfulness-based stress reduction) Kurs, kann die Selbstwahrnehmung geschult und dadurch möglicherweise das psychische Wohlbefinden verbessert werden. Wir tendieren häufig dazu negative Gefühle verdrängen zu wollen, aber gerade durch das Anerkennen und die Fähigkeit diese Gefühle differenziert beschreiben zu können, können depressive Symptome vermiden und reduziert werden.