Vermeiden von krankheitsbedingte Fehlzeiten, Früh-Invalidität und Präsentismus

Denn eine Gesundheit an sich gibt es nicht, und alle Versuche, ein Ding derart zu definieren, sind kläglich missraten. Es kommt auf dein Ziel, deinen Horizont, deine Kräfte, deine Antriebe, deine Irrtümer und namentlich auf die Ideale und Phantasmen deiner Seele an, um zu bestimmen, was selbst für deinen Leib Gesundheit zu bedeuten habe.
Friedrich Wilhelm Nietzsche

(Text frei nach Gert Kaluza, Stressbewältigung) In den westlichen Gesellschaften ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine starke Zunahme diagnostizierter psychischer Störungen zu beobachten. So verzeichnen die gesetzlichen Krankenkassen seit Mitte der 1990er Jahre in ihren jährlich veröffentlichten Statistiken über krankheitsbedingte Fehlzeiten auf einem insgesamt eher niedrigen Niveau der Arbeitsunfähigkeit einen starken Anstieg der Arbeitsunfähigkeitsfälle und -tage aufgrund psychischer Störungen (z. B. Fehlzeiten-Report des Wissenschaftlichen Instituts (WIdO) der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK)). Psychische Störungen rangieren bei den meisten Krankenkassen mittlerweile in der Krankheitsartenstatistik bezüglich der Arbeitsunfähigkeitstage auf Platz 4 hinter Muskel- und Skeletterkrankungen (insbesondere Rückenschmerzen), Verletzungen sowie Krankheiten des Atmungssystems. Neben privaten Krisen wie Tod oder Trennung steht bei den psychischen Belastungen die Arbeit weit vorne. Knapp vier von fünf Arbeitnehmern (79 Prozent) stufen die psychische Belastung an ihrem Arbeitsplatz eher hoch oder sehr hoch ein – und das quer über alle Berufs- und Altersgruppen hinweg (Forsa-Umfrage im Auftrag der Prüforganisation Dekra).

Trotz der hohen wirtschaftlichen Relevanz psychischer Gesundheit und der rechtlichen Verpflichtung des Arbeitgebers im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung psychische Belastungen zu erfassen, ist zu beobachten, dass viele Unternehmen Umsetzungsprobleme haben oder ihren gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachkommen.
Zeitschrift für Arbeitswissenschaft“, Ausgabe 4/2017 auf Seite 296

Hinzu kommt, dass nicht alleine bei den krankheitsbedingten Fehlzeiten, sondern auch bei der Früh-Invalidität psychische Störungen inzwischen eine prominente Rolle spielen. Während die Zahl der Frühverrentungen im Zeitraum von 1993 bis 2009 insgesamt sank, stiegen die Frühinvaliditätsfälle aufgrund psychischer Erkrankungen im gleichen Zeitraum um mehr als 50% an. Mit einem Anteil von mehr als 40% stellen psychische Erkrankungen inzwischen die häufigste Ursache für Frühverrentungen in Deutschland dar. Die Betroffenen sind zum Zeitpunkt der Frühberentung durchschnittlich 49 Jahre alt.

Neben Fehlzeiten und Frühberentungen stellen Produktivitätseinbußen bei anwesenden, aber nicht in vollem Maße arbeitsfähigen Mitarbeitern ein gewichtiges Argument für Arbeitgeber dar, sich verstärkt um die Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu kümmern. Diese sogenannten Präsentismus-Kosten verursachen etwa doppelt so viel Produktivitätsverluste wie die tatsächlichen Fehlzeiten. Dies gilt im Besonderen für psychische Störungen. Psychische Störungen (Depressionen/Angstzustände) verringern die Produktivität anwesender Mitarbeiter durchschnittlich um 37 % (zum Vergleich: Rückenschmerzen 21 %; Allergien: 18 %. Und bei Depressionen entstanden 81 % der Produktivitätseinbußen durch die Folgen von Präsentismus, also bei zwar anwesenden, aber depressionsbedingt nur eingeschränkt leistungsfähigen Mitarbeitern, und nur etwa 20 % durch die effektiven Fehlzeiten.

Ob diese Tendenz als reale Zunahme aufgrund veränderter belastender gesellschaftlicher Bedingungen oder als Ausdruck einer verbesserten Diagnostik und Enttabuisierung und vermehrten Inanspruchnahme zu interpretieren sind, stellen sie eine gesellschaftliche Herausforderung dar, sich verstärkt um eine Unterstützung der psychischen Gesundheit zu bemühen. Hierzu möchte das im ZAM Heppenheim durchgeführte Gesundheitsförderungsprogramm „Gelassen und sicher im Stress“ nach Prof. Dr. Gert Kaluza einen Beitrag leisten, indem es Ressourcen und Kompetenzen des Einzelnen für einen konstruktiven, gesundheitsförderlichen Umgang mit alltäglichen, beruflichen wie privaten Anforderungen zu stärken versucht.

Eine detaillierte Liste der kommenden Termine und Orte finden sich hier.

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