Viele Studien zeigen mittlerweile, dass Achtsamkeitstrainings das Selbstvertrauen, die kognitiven Fähigkeiten und die Konzentrationsfähigkeit bei der Arbeit erhöhen und so zu mehr Wohlbefinden am Arbeitsplatz führen (https://www.mbsr-verband.de/mbsr-mbct/forschung.html).
Die Forschung konzentrierte sich bisher mehr auf die Wirkung von Achtsamkeit auf das Individuum. Aber hat ihre Etablierung auch am Arbeitsplatz einen Mehrwert, dort wo nur Ergebnisse zählen oder ist es doch nur ein verzichtbares Wohlfühlprogramm? Mit dieser Frage beschäftigen sich mittlerweile immer mehr Studien. Nachfolgend werden beispielhaft drei Nutzen von Achtsamkeitsprogrammen am Arbeitsplatz beschrieben, die in verschiedenen Studien nachgewiesen wurden.
1. Achtsamkeit kann die Führungsqualitäten stärken
A. D. Amar und Kollegen von der University of Westminster haben bereits 2013 die stärkenden Effekte von Meditation auf Führungsqualitäten bei einer Stichprobe von Führungskräften in der Region London gemessen. Die Teilnehmer wurden dafür einem 12-wöchigen Meditationstraining unterzogen.
Ihre in der Academy of Management Proceedings veröffentlichten Ergebnisse zeigten, dass das Training die allgemeine Selbstsicherheit sowie die individuellen Führungsfähigkeiten erheblich steigerte. Meditation verbessert statistisch signifikant die emotionale Intelligenz (EI), das intra- und interpersonelles Management, die Anpassungsfähigkeit, das Stressmanagement und das allgemeine Wohlbefinden. Von allen diesen Faktoren ist bekannt, dass sie die Führungsqualitäten bei Führungskräften verbessern.
Die Studie konnte allerdings nicht belegen, dass sich die Fähigkeiten der Teilnehmer als Vorbild zu fungieren und andere handlungsfähig zu machen statistisch signifikant verbessert hätte – dies sind Bereiche, die in Zukunft noch genauer untersucht werden müssen.
2. Mit Achtsamkeit überbehütenden Chefs begegnen
Gemäß einer in der Zeitschrift Mindfulness veröffentlichten Studie, sind Mitarbeiter emotional weniger belastet und mit Ihrer Arbeit zufriedener, wenn die Führungskraft achtsam agiert. Diese Studie enthüllte jedoch auch eine Einschränkung: Wenn grundlegende psychologische Bedürfnisse wie das Gefühl der Autonomie und der Verbundenheit mit anderen Menschen nicht erfüllt werden, können die Vorteile eines achtsamen Vorgesetzten verloren gehen.
Eine weitere Studie baute auf diesen Erkenntnissen auf, indem sie speziell den Zusammenhang zwischen Achtsamkeit und Autonomie untersuchte. Die Forscher untersuchten bei 259 Teilnehmern verschiedene Eigenschaften auf achtsame Aspekte – wie zum Beispiel die Fähigkeit, über einen langen Zeitraum hinweg aufmerksam zu sein (Aufmerksamkeitsspanne) – und untersuchten, für wie autonom sie sich bei der Arbeit einschätzten (im Gegensatz zu einem kontrollierenden Führungsstil).
In Anlehnung an die Ergebnisse der ersten Studie stellten die Forscher fest, dass sowohl Autonomie als auch Achtsamkeit „in direktem Zusammenhang mit dem Wohlbefinden der Mitarbeiter bei der Arbeit stehen“. Das Gefühl, bei der Arbeit weniger Unterstützung zu erhalten, war mit einem schlechteren Gesundheitszustand und weniger Glücksempfindung verbunden. Diese indirekten Effekte, so stellten die Forscher fest, wurden durch Achtsamkeit gemildert – was bedeutete, dass achtsamere Menschen weniger frustriert waren, selbst wenn die Vorgesetzten ihre Autonomie beschränkten.
Achtsamere Menschen waren weniger frustriert, selbst wenn die Vorgesetzten ihre Autonomie beschränkten.
Mindfulness, Work Climate, and Psychological Need Satisfaction in Employee Well-being
„Achtsamkeit scheint daher ein Schutzfaktor in kontrollierenden Arbeitsumgebungen zu sein“, folgern die Forscher.
3. Achtsamkeit kann das allgemeine Wohlbefinden steigern
Wenn Achtsamkeit im Büro für positive Effekte sorgt, wie können Schulungen für ihre Etablierung am besten durchgeführt werden?
In einer im Journal of Occupational and Environmental Medicine veröffentlichten Studie wurde untersucht, ob das für ein bestimmtes Unternehmen, die Dow Chemical Company, entwickeltes Online-Achtsamkeitsprogramm Stress reduzieren und gleichzeitig die Resilienz und das Wohlbefinden der Mitarbeiter verbessern konnte.
Neunundachtzig Teilnehmer schätzen ihren Grad an Stress, Achtsamkeit, Belastbarkeit und Vitalität in wissenschaftlichen Fragebögen ein. Sie wurden dann in zwei Gruppen eingeteilt – eine Gruppe für die direkte Teilnahme am Online-Programm und die zweite Gruppe für einen späteren Start.
Nachdem die erste Gruppe das Programm absolviert hatte, untersuchten die Forscher sechs Monate später, wie es allen Teilnehmern ging. Sie stellten fest, dass die Gruppe, die den Kurs belegte, viel besser abschnitt – die Gruppenmitglieder waren weniger gestresst, stärker belastbarer und hatten ein höheres Energielevel als die Mitglieder der Gruppe, die den Kurs noch nicht belegen konnte.
„Die Online-Achtsamkeitsmaßnahme schien sowohl umsetzbar als auch erfolgreich zu sein, um das allgemeine Wohlbefinden der Mitarbeiter zu verbessern“, folgern die Forscher.
Dieser Artikel erschien in ähnlicher Form im mindful Onlinemagazin und wurde von dort übersetzt und ergänzt. Den Originalartikel anzeigen.